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Nicht selten fragen sich Arbeitnehmer: „Muss ich im Urlaub eigentlich für den Arbeitgeber erreichbar sein?“ Die Antwort lautet ganz klar: Nein! Selbst dann nicht, wenn es so im Arbeitsvertrag stehen würde. Die freien Tage sind im Job rechtlich durch das Bundesurlaubsgesetz ganz gut geschützt. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Arbeitnehmer freiwillig Zugeständnisse macht.
Keine ständige Erreichbarkeit während des Urlaubs gesetzlich vorgeschrieben
In den Ferien müssen Mitarbeiter für ihren Chef nicht ständig erreichbar sein – weder per E-Mail, noch per Telefon. Doch viele Angestellte bieten dies freiwillig an. Dies ist aber niemals eine Pflicht – auch nicht bei Führungskräften oder für das Unternehmen besonders wichtige Mitarbeiter. Denn laut Bundesurlaubsgesetz müssen alle Angestellten an ihren Urlaubstagen völlig von der Arbeit entbunden sein.
Zwar regeln einige Arbeitsverträge, dass der Arbeitnehmer an den freien Tagen für das Unternehmen erreichbar sein muss, doch solche Klauseln sind unzulässig. Anders sieht es allerdings dann aus, wenn Angestellte mehr Urlaubsanspruch besitzen, als das Bundesurlaubsgesetz ihnen zuspricht: 20 Urlaubstage sind es bei einer 5-Tages-Woche gemäß Gesetz mindestens. An den zusätzlich gewährten Tagen darf der Chef auch verlangen, dass der Mitarbeiter erreichbar ist.
Aber auch wenn der Chef täglich E-Mail an den Angestellten im Urlaub versendet: der Mitarbeiter muss darauf nicht eingehen und ausschließlich in absoluten Notfällen aktiv werden. Zum Beispiel dann, wenn von seinem Handeln das Überleben des Unternehmens abhängt. Ist der urlaubende Mitarbeiter zum Beispiel die einzige Fachkraft des Betriebs, der das Passwort für den Zentralserver kennt, meldet er sich besser beim Chef, wenn ohne ihm keine unvorhersehbaren Serverwartungsarbeiten durchgeführt werden können. Dieses Szenario ist die einzige Ausnahme für eine Erreichbarkeit im Urlaub: zwingende Notwendigkeit, die einen anderen Ausweg nicht zulässt. Betriebliche Engpässe reichen hierfür nicht, sondern stattdessen muss es sich schon fast um eine Existenzbedrohung des Arbeitgebers handeln, den ausschließlich der Arbeitnehmer abwenden könnte. Der Arbeitgeber darf mit Ausnahme des zuvor geschilderten Falls den Arbeitnehmer nicht aus dem Urlaub zurückholen.
Urlaubsverschiebung nur im Einvernehmen notwendig
Ändert sich plötzlich die Auftragslage im Unternehmen, kann der Vorgesetzte ebenfalls nicht verlangen, dass ein schon genehmigter Urlaub verschoben wird. Dies gilt immer dann, wenn der Urlaubsantrag bereits im Vorfeld verbindlich genehmigt wurde. Danach sind nur noch mit Zustimmung des Arbeitnehmers Verschiebungen möglich.
In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer um Erstattung der ihm bereits entstanden Urlaubskosten, beispielsweise eine Hotelanzahlung oder die Stornierungskosten, bitten. Doch einen gesetzlichen Anspruch darauf hat er nicht! Daher sollte die Verschiebung von der Kostenübernahme abhängig gemacht werden. In der Regel erstatten Arbeitgeber nicht nur die anfallenden Kosten, sondern locken als Entschädigung auch noch mit zusätzlichen Urlaubstagen oder einer kleinen Prämie.
Notfall auf Arbeit – wie wird der Urlaub geregelt?
Anders sieht es aus, wenn der Chef einen Mitarbeiter aus einem bereits angetretenen Urlaub wegen eines Notfalls zurück beordert. Denn dann muss er die Kosten für den Abbruch und die unplanmäßige Rückreise übernehmen. Dies gilt allerdings nur für den Angestellten selbst. Recht häufig verbringt der Mitarbeiter seinen Jahresurlaub aber mit Frau und Kind. Ruft in solchen Fällen ein Arbeitgeber Vater oder Mutter an den Arbeitsplatz zurück, muss nur dann die Heimreise der gesamten Familie übernommen werden, wenn eine Urlaubsfortsetzung des Partners des am Arbeitsplatz unabkömmlichen Elternteils nicht zumutbar ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Ehepartner so vollkommen allein mit einem Neugeborenen zurückbleiben müsste.
Muss man per Handy im Urlaub erreichbar sein?
Gemäß § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern Erholungsurlaub zustehen. Dazu gehört auch, dass Arbeitnehmer ihrer Freizeit und ihren Urlaub selbstbestimmt und uneingeschränkt nutzen können. Mit einer ständigen Erreichbarkeit wird ebenfalls gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen. Eine weltweite Studie in 80 Ländern mit 16.000 Teilnehmern von Regus brachte zutage, dass rund 50 Prozent der Arbeitnehmer bis zu 3 Stunden im Urlaub mit beruflicher Arbeit beschäftigt sind. Wer kein Diensthandy besitzt, muss seinem Chef auch nicht mitteilen, wie er während des Urlaubs zu erreichen ist. Ob ein Mitarbeiter für berufliche Anfragen kontaktierbar ist, kann dieser selbst entscheiden.
Es ist in ganz wenigen Ausnahmesituationen dem Arbeitgeber gestattet, den Arbeitnehmer während des Urlaubs auf dem Handy anzurufen. Es besteht auch keinerlei Verpflichtung, im Urlaub per Handy erreichbar zu sein. Wird der Mitarbeiter nicht entsprechend entlohnt und es ist im Arbeitsvertrag nicht anders geregelt, so hat ein Arbeitnehmer im Urlaub frei und muss weder per Handy noch per E-Mail erreichbar sein. Allerdings muss der Mitarbeiter sich an entsprechende betriebsübliche Regeln halten und beispielsweise seinen E-Mail Abwesenheitsassistenten einstellen und sein Telefon auf einen Kollegen umleiten. Wer sich trotzdem im Urlaub zur Arbeit hinreißen lässt, sollte sich diese Arbeit auch entsprechend vergüten lassen.
Tipp: Vor den Urlaub sollten am besten mit dem Vorgesetzten entsprechende Vereinbarung getroffen werden – ein Urlaubstag, an dem gearbeitet wurde, muss entweder im Nachhinein gewährt oder bezahlt werden. Schließlich unterbricht jegliche berufliche Tätigkeit den Urlaub.
Erreichbarkeit muss nur an zusätzlichen Urlaubstagen gewährleistet sein
Selbst wenn ein Arbeitnehmer in seinem Arbeitsvertrag Klauseln hat, dass dieser im Urlaub erreichbar sein muss, muss der Mitarbeiter tatsächlich nicht kontaktierbar sein. Denn solche Klauseln sind unzulässig. Etwas anderes gilt dann, wenn der Mitarbeiter mehr Urlaubstage gewährt bekommt, als der Gesetzgeber im Bundesurlaubsgesetz geregelt hat. Der Mindesturlaub beträgt bei einer Fünftageswoche 20 Urlaubstage, bei einer Sechstageswoche 24 Urlaubstage.
Geht der Urlaubsanspruch darüber hinaus, so kann der Arbeitgeber für diese freiwillig gewährten Tage eine Sonderregelung treffen und beispielsweise eine Erreichbarkeit verlangen. Auch hier gilt: vor Urlaubsantritt besprechen, wie mit Urlaubstagen verfahren wird und wie diese vergütet werden, wenn trotzdem gearbeitet wurde. Möglich ist eine Zahlung von entsprechenden Mehrarbeitsstunden oder die Gewährung in Form von weiteren Urlaubstagen.
Welche Ausnahmesituation gibt es? Was ist erlaubt, was nicht?
Ausnahme dringende betriebliche Erfordernis: Nur in ganz wenigen und besonderen Ausnahmesituationen darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter während seiner Reise anrufen. Beispielsweise dann, wenn dieser Angestellte ein Passwort kennt, das der Betrieb dringend benötigt und welches niemanden anderen bekannt ist. Auch hier gilt, dass der Mitarbeiter für die Zeit der Erledigung von dienstlichen Anfragen während seines Urlaubs einen Anspruch auf Ausgleich hat.
Ausnahme Rufbereitschaft: Generell besteht für Arbeitnehmer keinerlei Verpflichtung, im Urlaub erreichbar zu sein. Ist allerdings im Arbeits- oder Tarifvertrag eine Rufbereitschaft vereinbart, so müssen Arbeitnehmer zu den vereinbarten Zeiten ans Telefon gehen. Dies gilt allerdings nur für die Freizeit und nicht für den Urlaub.
Andere Klauseln im Arbeitsvertrag: Manche Arbeitgeber haben aufgrund fehlenden tariflicher oder gesetzlicher Vorschriften mit ihren Mitarbeitern Vereinbarung getroffen, die diese verpflichten, ihren Urlaub bei besonders dringenden Fällen abzubrechen.
Eine weitere gern verwendete Klausel ist die, dass einmal täglich die Mailbox abgehört werden muss oder dass der Mitarbeiter während eines bestimmten Zeitfensters telefonisch erreichbar sein muss. Diese Vorgehensweise ist nicht zulässig – das hat das Bundesarbeitsgericht am 20.6.2000 mit Aktenzeichen 9 AZR 405/99 entschieden. Weder müssen Arbeitnehmer ihren Urlaub abbrechen, wenn ein Anruf aus dem Unternehmen kommt, noch sind sie verpflichtet, solch einen Vertrag zu unterschreiben. Auch eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung ist in solch einem Fall unwirksam.